Bernd Ludwig, ein Ornithologe aus Leidenschaft
Auf dem 6. Rangsdorfer Abend am 16. Mai 2013 stellte sich der Vogelkundler Bernd Ludwig vor. In erster Linie wird er mit dem „Weißstorch“ in Verbindung gebracht, aber im Laufe des Gesprächs war zu erkennen, dass es dem ehemaligen Biologie- und Chemielehrer um mehr geht, nämlich um den Naturschutz.
Am 11. September 1939 wurde er in Berlin-Köpenick geboren und wuchs in Zeuthen auf. Schon frühzeitig interessierte er sich für die Natur, vor allem für die Vogelwelt. In Zeuthen besuchte Bernd Ludwig die Grundschule und kam 1953 auf die Oberschule in Eichwalde. Sein Lieblingsfach war Biologie. Nach dem Abitur 1957 studierte er dann auch Biologie und Chemie auf Lehramt an der Berliner Humboldt-Universität.
Seit 1957 führt er ornithologische Tagebücher. Früher waren das handschriftliche Eintragungen in einfache Schreibhefte. Heute stellt er seine Aufzeichnungen auch ins Internet.
Er trat 1957 der Fachgruppe “ Ornithologie und Vogelschutz“ des Kulturbundes bei. Zusammen mit einem Kommilitonen fuhr er auf die Insel Hiddensee, um dort an der Vogelwarte einen Kurs und eine Prüfung zur Beringung von Vögeln abzulegen.
Während des Studiums machte seine Seminargruppe ein Landpraktikum im Oderbruch. Hier erfasste er neben seiner eigentlichen Arbeit den Weißstorchbestand und beringte viele Jungstörche im damaligen Kreis Seelow. Seitdem haben ihn diese Vögel nicht mehr losgelassen!
Bernd Ludwig erhielt auf seine Staatsexamensarbeit die Bewertung „Auszeichnung“.
Seine erste Lehrerstelle bekam er 1960 in Mittenwalde. Hier unterrichtete er Biologie und Chemie bis zur 10. Klasse. Von 1972 bis 1998 war er an der „Paul-Dessau-Oberschule“ in Zeuthen tätig, ab 1990 unterrichtete er dort auch Schüler bis zur 13. Klasse.
Sein erster Arbeitsort Mittenwalde lag inmitten eines Großtrappengebietes. Gemeinsam mit seinen Schülern beobachtete er die scheuen Vögel aus entsprechender Entfernung. Aus Verstecken, teils in die Erde gegraben, beobachtete und fotografierte er das Verhalten der Großtrappen und auch anderer Vögel der Agrarlandschaft. Trotz zahlreicher Vorträge und Gespräche mit den Bauern der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) Mittenwalde und Groß Machnow, die er für die Unterstützung von Naturschutzmaßnahmen zu gewinnen suchte, gelang es ihm nicht, die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren. Melioration und die Intensivierung der Landwirtschaft nahmen den Vögeln den Lebensraum und die Nahrungsgrundlage, genauso wie z. B. dem Großen Brachvogel, dem Kiebitz, dem Rebhuhn, der Korn- und Wiesenweihe, dem Steinkauz, dem Wiesenpieper und der Grauammer. Von den in den 1960er Jahren noch von ihm in der Zülowkanal-Niederung beobachteten 64 Großtrappen konnte er 1996 nur noch zwei Tiere sichten. Danach waren sie in diesem Gebiet ausgestorben.
Seit 1967 fühlt sich Bernd Ludwig auch zum Rangsdorfer See hingezogen. Bartmeisen am Westufer des Sees hatten es ihm angetan. Mit dünnen Nylon-Netzen, aufgestellt im Röhricht, fing er im Auftrag der Vogelwarte Hiddensee diese seltenen und auch andere Vögel zur Beringung; natürlich, um sie danach gleich wieder freizulassen und ihre Lebensweise und ihr Zugverhalten zu untersuchen.
Gemeinsam mit anderen Ornithologen sorgte er dafür, dass der See 1972 zum Wasservogelschongebiet, 1998 zum Naturschutzgebiet (NSG) und 2004 zum Europäischen Vogelschutzgebiet (Special Protection Area, SPA) erklärt wurde. Es erstreckt sich über 670 Hektar, umfasst den Westteil des Sees ab Seemitte vom Nordufer der Krummen Lanke bis zum Zülowkanal im Süden und die angrenzenden Wiesen und Ackerflächen.
Bernd Ludwig wohnt seit 1999 mit seiner Frau Helga in Rangsdorf. Die Tochter und der Sohn studierten beide Biologie. Sie arbeiten jetzt als Hebamme bzw. Meeresbiologe und wohnen mit ihren Familien in Hitzacker/Elbe und Kiel.
Bernd Ludwig ist Mitglied des Naturschutzbundes (NABU), der Arbeitsgemeinschaft Berlin-Brandenburgischer Ornithologen (ABBO), der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G), Naturschutzhelfer der Unteren Naturschutzbehörde und ehrenamtlicher Betreuer des Europäischen Vogelschutz- und Naturschutzgebietes „Rangsdorfer See“. 2012 erhielt er den Naturschutzpreis der Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg.
Mit der Weißstorch-Zählung befasst er sich als Landeskoordinator für den Weißstorch noch immer. Er hat dafür gesorgt, dass Datenreihen zur märkischen Weißstorchzählung seit über 50 Jahren erfasst werden. Vom Ufer des Rangsdorfer Sees aus führt er Wasservogelzählungen durch. Aber auch Kranichzählungen in der Notte-Niederung und das Monitoring häufiger Brutvogelarten in Rangsdorf beschäftigen ihn.
Seine Frau, auch eine ehemalige Biologie- und Chemielehrerin, unterstützt ihn dabei.
Seit 2008 befasst sich Bernd Ludwig mit der Kartierung der Vogelwelt der ehemaligen Rieselfelder Deutsch Wusterhausen-Ragow und Boddinsfelde, auf denen er schon seit 1958 beobachtet. Er möchte, dass solche wertvollen Lebensräume für den Artenschutz erhalten bleiben und nicht der Energiegewinnung zum Opfer fallen.
Seiner Beharrlichkeit ist es letztlich zu verdanken, dass am Rangsdorfer See Informationsschilder aufgestellt wurden, die Auskunft über dort vorkommende Vogelarten, aber auch Hinweise für das Verhalten der Nutzer und Besucher zum Schutz der Wasservögel geben, wie das Verbot des Kite-Surfens.
Der Terminkalender des international anerkannten Ornithologen ist übervoll. Trotzdem findet er noch Zeit, zweimal im Jahr vogelkundliche Führungen am Ufer des Rangsdorfer Sees durchzuführen. Dabei begeistert er die interessierten Teilnehmer mit seiner Beobachtungsgabe und durch Fachkenntnisse.
Gisela Hoffmann